Transidente Menschen haben mehr und anders die Aufgabe, eine geschlechtliche Identität zu finden. Dies geschieht auf dem Hintergrund einer i.d.R. gegengeschlechtlichen Erziehung und entlang klischeehafter Geschlechtsrollenbilder. Ein Prozess, der schon oft in der Kindheit und frühen Jugend einsetzt, in Gefühlen, Gedanken, Spielen zum Ausdruck kommt, manchmal ungezwungen, häufig mit Scham besetzt. Das Feld der Verunsicherungen, Zweifel, Verdrängungswünsche scheint weitaus größer und vielfältiger als Momente des Haltes, der klaren Orientierung und Sicherheit. Entscheidungen müssen oft unzureichend durchdacht, nur auf sich selbst gestellt getroffen und umgesetzt werden. Die Vermittlung dieser Entscheidungen erfordert ein hohes Maß an innerer Stärke aber auch einen Blick auf die Bedürfnisse von Partner_innen, Familienangehörigen, Freund_innen, Kolleg_innen.
Die bewusste Entwicklung und Gestaltung einer geschlechtlichen Identität scheint kaum ohne die Betrachtung und teilweise Integration biographisch geprägter (gegen)geschlechtlicher Anteile möglich.
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Zudem müssen neue Wege erkundet und Perspektiven entwickelt werden in einem Umfeld, das wenige Vorbilder zur Verfügung stellt. Der Umgang mit dem eigenen Körper, gerade auf dem Hintergrund hormoneller oder operativer Eingriffe, verlangt Sorgfalt und Akzeptanz, obwohl er doch der ‚falsche’ zu sein scheint.
Das Angebot einer systemischen Therapie kann z.B. mit Hilfe von Genogrammarbeit, Skulpturarbeit und zirkulärem Verständnis die Entwicklung und Ausgestaltung einer Transidentität begleiten und das seelische Gleichgewicht fördern. Neben den Themenfeldern eines sich verändernden Selbstbildes können auch die Verständigung mit der Herkunftsfamilie und der Umgang mit Kindern im Mittelpunkt stehen.
Die systemische Therapie bietet mit ihrem konstruktivistischen Blickwinkel die besondere Möglichkeit, das Geschlecht vor allem als eine (soziale) Konstruktion und damit als veränderbar zu begreifen.
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